An Männer, die über eine Visionssuche nachdenken

Die Männer sind nicht das Patriarchat.

 Pat McCabe

Wir haben offensichtlich vergessen wer wir sind, denn andernfalls ließen, gerade wir Männer, nicht so leicht geschehen, ein Leben als Nutzmenschen, Konsumenten und auf das Funktionieren reduzierte „human doings“ zu führen.

Wenn wir uns fragen, wie dies geschehen konnte, landen wir meist zunächst bei unserem Ego. Da es, neben unserem Körper das Vergängliche an uns ist, fürchtet es nämlich beständig um seine Existenz bzw. Wichtigkeit. Es neigt dazu zu verdrängen, dass wir letztlich nur eine Welle, eine zeitweise Ausformung eines viel größeren, uns tragenden Ozeans sind und dass diese Ausformung eines Tages wieder mit dem Ozean verschmelzen wird. Es muss seine Wellennatur verleugnen, um in der Illusion einer losgelösten und unabhängigen Existenz, die den natürlichen Kreisläufen von Leben und Sterben enthoben ist, leben zu können. Um diese Illusion beständig aufrecht zu erhalten, muss unser Ego unseren inneren Thron besteigen, um alles im Griff zu behalten, wodurch es seine gesunde und hilfreiche Funktion in unserer Lebensgestaltung jedoch verliert.

Dies hört erst dann wieder auf, wenn unser Ego erkennt, dass ein auch spirituelles Leben nicht gleichbedeutend mit seiner Vernichtung ist, sondern ihm lediglich wieder seinen gesunden und hilfreichen Platz zuweist. Dann würde es wieder dienstbar an unserer wahren Identität werden, die eigentlich auf unseren inneren Thron gehört. Bevor unser Ego jedoch zu einem solch weitreichenden Schritt bereit ist, wird es sozusagen immerzu Nebelkerzen werfen, die uns daran hindern sollen, zu erkennen, wer wir wirklich sind und welch untergeordnete Rolle es selbst dabei spielt.

Die Geschichte der Menschen ist deshalb auch die Geschichte der Nebelkerzen, die unser Ego zu werfen vermochte. Dies brachte ganze Gesellschaftsordnungen und Erzählungen über das Sosein unserer Welt und des Lebens hervor, die wir Kultur nennen, die unsere Wirklichkeit bestimmen und die uns momentan an den Rand unserer Vernichtung geführt haben.

Es ist daher Zeit, einmal inne zu halten. Es ist Zeit, sich wieder daran zu erinnern, wer wir wirklich sind und woher wir kommen. Es ist Zeit, nachhause zu kommen und sich unseres all- und interverbundenen Wesens zu erinnern, oder, um in der Metapher zu bleiben, dass wir als Welle ein einzigartiger Ausdruck des einen Ozeans sowie über das Wasser des Ozeans mit allen anderen Wellen verbunden sind. Wenn wir ganz still werden, so wie jetzt gerade, oder eben während einer Visionssuche, heben sich manchmal die Nebelschleier und geben sowohl den Blick auf diese tiefere Wahrheit frei als auch auf die Wirkmechanismen eines komplexen Spiels, in das uns unser Ego verwickelte.

Wenn unser Blick derart klar wird, erkennen wir in der momentan noch weltweit vorherrschenden Gesellschaftsordnung des Patriarchats und dessen Auswüchsen fast zwangsläufig eine der größten Nebelkerzen unserer Geschichte. Auswüchse dessen sind der Kapitalismus, der Kommunismus und der Katholizismus gleichermaßen. Jedem sogenannten Gottesstaat sowie auch jedem säkularen Staat liegt letztlich das Patriarchat als gewalttätiges und krankmachendes System zugrunde, unter dem alle Menschen leiden, auch die Männer. Es ist eine durch Hierarchien geprägte Gesellschaftsordnung, in der nur dadurch einige wenige mächtig sein können, weil viele in ihrer Wirkkraft und der Entfaltung ihres eigentlichen Seins beschnitten werden. Es ist ein System, das uns in vielerlei Weise und auf vielerlei Ebenen vergessen macht, wer wir sind.

Wie konnte es sein, dass es sich dennoch seit tausenden von Jahren gegen fast alle anderen gesellschaftlichen Entwürfe durchsetzen konnte?

Eine mögliche Antwort darauf liegt in der dem Patriarchat inhärenten Eigenschaft der Unterdrückung bzw. extremen Kontrolle der Bedürfnisse und Gefühle der Einzelnen. Das perfide dabei ist, dass diese Unterdrückung nicht direkt von außen, sondern quasi freiwillig von jedem einzelnen Mitglied dieses Systems an sich selbst vorgenommen wird. Bis heute ist es Inhalt der Erziehung von Jungs zu Männern und immer mehr auch von Mädchen zu Frauen, zu lernen, die eigenen Bedürfnisse, die eigene Sensibilität und Zartheit unter den Daumen halten zu können.

Die, die uns so erzogen, meinten es sogar noch gut, da sie mit Recht glaubten, uns nur so auf ein Leben in einer harten, durch eben jenes Patriarchat geprägten Welt vorbereiten zu können. Auf eine Welt, in der mit dem Patriarchat einhergehende Bedingungen wie Druck, Konkurrenz und Angst herrschen. Sie mussten ja befürchten, dass wir uns ansonsten nie werden durchsetzen und in der Welt behaupten können.

Die Frage unserer Zeit muss deshalb sein, ob wir dieses System freiwillig weiter unterstützen wollen, indem wir einerseits unsere eigenen Bedürfnisse und Gefühle unterdrücken und andererseits unsere Kinder weiterhin dazu erziehen, es uns gleichzutun. Die Antwort auf diese rhetorische Frage dürfte zunächst nicht besonders schwerfallen, zumal ja allenthalben zu beobachten ist, wie eine neue Zeit anbricht, in der ein neuer kultureller Mythos gewoben wird. Bei genauerem Hinschauen wird jedoch deutlich, dass dazu mehr als nur ein politisches Verständnis und eine Entscheidung dagegen benötigt wird, denn das Patriarchat steckt, psychologisch gesehen, viel tiefer in uns drin, als uns lieb sein kann.

Viele von uns haben das harte Regiment, mit dem man uns zum Funktionieren erzogen hat, derart verinnerlicht, dass es ihnen schon zur zweiten Natur wurde, und was uns zur zweiten Natur wurde, verwechseln wir nach einiger Zeit nicht selten mit unserer ersten. Unbewusst, meist im Kindesalter, übernehmen wir irgendwann die perfiden Wirkmechanismen dieses Systems, wie ich in meiner Arbeit als initiatischer Prozessbegleiter und Visionssuche-Leiter immer wieder feststellen kann. Ich habe z. B. Männer in ihrer Phantasie zu Kindheitserfahrungen zurückreisen lassen und sie gebeten, sich jenen kleinen zarten Knaben, der sie damals waren, noch einmal vorzustellen. In einem Fall saß ein solcher Knabe bereits seit Stunden vor einem Teller mit Ekel erregendem Bundeswehr-Dosenfraß. Sein Vater hatte verfügt, er dürfe nicht eher vom Tisch aufstehen, bis er aufgegessen habe. Und so saß er dort noch traurig und verloren bis in die Abendstunden. Als ich meinen Klienten fragte, was er denn empfinden würde, wenn er den Kleinen da so sitzen sähe, antwortete er: „Der soll sich mal nicht so anstellen!“

So funktioniert das Patriarchat, wir fangen irgendwann selber an, uns zu sagen, dass wir uns mal nicht so anstellen sollen. Wir alle machen freiwillig dabei mit, dieses System zu erhalten, so wie viele von uns freiwillig Facebook und Google mit persönlichen Daten füttern und damit, ohne es eigentlich zu wollen, ein menschenverachtendes System unterstützen.

Lange bevor wir dies kritisch hinterfragen können, nicht selten schon in einer vorsprachlichen Phase unserer kindlichen Entwicklung, treffen wir, da wir offenbar nicht genügen, die Entscheidung, dass wir so sein wollen, wie man uns hier braucht. Wir tun das, weil wir es als eine vitale und existenzielle Notwendigkeit empfinden, dazugehören zu können. Diese Entscheidung fällt oft so früh, dass wir ihre Auswirkungen bald nicht mehr von dem unterscheiden können, was unser ureigentlicher seelischer Auftrag und Impuls einmal war.

Bereits damit beauftragt, uns zu einem funktionierenden und passenden Rädchen im Getriebe des Systems zu formen, beginnt das so genannte Über-Ich dann sein hartes Regiment. Als gehässige Über-Ich Attacke kommt es wie ein Drill Officer in einem amerikanischen militärischen Boot Camp über so manchen von uns, wenn wir mal wieder eine Schwäche zeigen, nicht gut genug sind oder einen Fehler machen. Mittels des Über-Ichs beschimpfen und erniedrigen wir uns selbst, glauben, uns damit zu Höchstleistungen anspornen zu können, und werden den hohen Anforderungen an uns selbst jedoch beinahe nie gerecht. Je mehr wir im Alltag oder Laufe des Lebens vergessen, wer hier eigentlich wen beauftragte, wer hier sozusagen bei wem in Lohn und Brot steht, desto mehr Macht über uns kann dem Drill Officer zuwachsen. Je größer ein solches Vergessen wird und, damit einhergehend, je seltener Momente der liebevollen Selbstannahme und des Mitgefühls werden, desto häufiger kann uns der Drill Officer vor sich hertreiben. Dann macht uns ein solcher innerer Drill mit der Zeit zu soldatischen Wesen, die ihre Gefühle und Bedürfnisse irgendwann derart unter Kontrolle haben, dass sie jedweden Befehl ausführen könnten und, präzise wie Uhrwerke, bestimmte gewünschte Verhaltensweisen abspulen können. So sind wir dann in der Lage, auf „Autopilot“ umzustellen oder stupide Arbeiten zu verrichten und können für immer längere Perioden zu „human doings“ werden, statt „human beings“ zu sein.

Einer psychologischen Logik folgend, bewerten und verurteilen wir bald nicht nur mehr uns selbst die ganze Zeit, sondern blicken mit derselben Härte auf unsere Mitmenschen – wir projizieren: Im psychologischen Umkehrschluss sowie einer spirituellen Logik folgend, verurteilen und bewerten wir immer nur uns selbst, wenn wir andere bewerten und verurteilen. In diesem Spiegeleffekt liegt jedoch auch eine Chance, denn es fällt uns meist leichter, uns bei der Verurteilung anderer zu ertappen, als die harte Hand zu erkennen, die den zarten Nacken unseres inneren Kindes zu packen bekommen hat. Wenn wir andere bewerten oder verurteilen, können wir mit ein wenig Ehrlichkeit gegen uns selbst daraus schließen, für oder wegen was wir uns selber gerade verurteilen.

Wenn wir jetzt den Wunsch haben, uns aufrichtig zu erforschen, und die tief verinnerlichten Wirkmechanismen des Patriarchats in uns aufzuspüren beginnen, liegt es in der Natur der Über-Ich-Funktion, uns dann dafür zu verurteilen, dass wir so bewertend oder lieblos sind. Dies wäre letztlich ähnlich widersinnig, als würde wir uns selber dafür kasteien, dass wir uns wieder einmal nicht lieb genug hatten. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz und wir kommen von Anfang unserer Forschungsreise an nur aus dieser Nummer raus, wenn wir uns dabei mit Selbstliebe und Mitgefühl begegnen.

Es gilt, dass das, was ist, zunächst einmal sein darf, so verwerflich es unserem inneren Moralisten auch erscheinen mag. Wenn wir es wirklich schaffen wollen, aus dieser inneren Schreckensherrschaft auszusteigen, dann ist es von Anfang an wichtig, uns immer wieder vor Augen zu halten, dass wir jetzt schon geliebt und liebenswert sind und dass wir dafür nichts, aber auch gar nichts, leisten, erst noch erreichen oder verbessern müssen.

Wenn zunächst mal sein darf, was ist, und wir uns selbst bei jeder neuen Entdeckung mit Liebe und Mitgefühl begegnen können, dann müssen wir die Augen nicht vor dem verschließen, was gerade ist, was immer es auch sei, oder etwas als inakzeptabel von uns abspalten. Vielmehr können wir es dadurch ganz nüchtern betrachten und weiter erforschen. Durch die reine und urteilsfreie Betrachtung und Selbstbeobachtung erst können wir uns selbst vor Augen führen, wie tief und in welcher Weise wir bestimmte Verhaltensweisen verinnerlicht bzw. wir uns mit dem Über-Ich identifiziert haben. Auf diese Weise erst hören solche Verhaltensweisen und Wirkmechanismen auf, im Unbewussten agieren zu können. Sie kommen ans Licht und können jetzt von uns bewusst außer Kraft gesetzt werden. Allein schon die bewusste innere und urteilsfreie Zeugenschaft dessen beendet die Identifikation mit dem Beobachteten, denn was wir beobachten können, kann nicht das sein, was wir ureigentlich sind. Wir sind das, was beobachtet. Wir sind immer-gegenwärtige Bewusstheit, welche selbst nicht gesehen werden kann.

Das Patriarchat schnitt auf diese Weise, insbesondere die Männer, im Laufe der Jahrhunderte nicht nur von einer gesunden Beziehung zu ihrem Körper und ihrer Fähigkeit, tief und fein zu fühlen ab, es schnitt sie in gleichem Maße von ihrer gesunden Beziehung zum Körper der Erde ab, dem Ur-Weiblichen. Nur, weil es dann nicht mehr so wehtat und die lebendige Erde für sie zu einem von ihnen losgelösten unbeseelten Ding wurde, konnten sie diesen Körper fortan hemmungslos ausplündern und verletzen. Nur so konnten wir uns im Laufe z.B. der kolonialen Geschichte, auch als vermeintlich geistig überlegenes und höher entwickeltes System über Kulturen und Völker stellen, in denen man nie auf die Idee gekommen wäre, die eigenen Bedürfnisse und Gefühle sowie alles Körperliche derart zu verteufeln.

Wer mit dem eigenen Körper und dem eigenen Gefühl verbunden ist und darüber auch mit dem lebendigen Körper der Erde, wer über das eigene Herz mit dem Herzen aller Herzen verbunden ist, hat ein natürliches und gesundes Taktgefühl und weiß, ohne es benennen zu können oder zu müssen, wer er oder sie ist. Eine solche Taktung ist weder mess- noch berechenbar und folgt Impulsen und Eingebungen, die sowohl aus einem weit verzweigten Netzwerk der weltlichen Verbundenheit als auch aus einer spirituellen Tiefe bzw. vom all-einen Urgrund herkommen. Menschen, die derart eingebunden und angeschlossen sind, fühlen sich in einer all- und interverbundenen Ordnung geborgen, geliebt und kennen die Angst entweder nur in ihrer natürlichen Form – als Angst vor echten Gefahren – oder nur als Krankheit.

Indem wir uns unter dem Patriarchat von unserer Körperlichkeit und unseren Gefühlen abschnitten, uns vermeintlich davon unabhängig machten, wurde erst die hohe und krankmachende Taktung unserer westlichen Kulturen möglich. Dadurch konnten wir andere überholen und ihnen gegenüber einige Vorteile herausschlagen, zahlten dafür aber den bitteren Preis – jetzt von dem uns tragenden Urgrund getrennt –, nicht mehr zu wissen, wer wir aus jenem Grunde heraus eigentlich sind.

Mit überheblicher Amüsiertheit sprechen wir z. B. von „african time“ und meinen damit die Unberechenbarkeit von Angehörigen anderer Kulturen. Mit diesem unverhohlenen Chauvinismus outen wir uns dabei jedoch nur als Ignoranten gegenüber Kulturen, in denen andere Maßstäbe gelten und man weniger bereit ist, sich selbst bzw. die eigenen, aber auch sozialen und spirituellen Bedürfnisse dem Ziel des Funktionierens unterzuordnen.

In unseren westlichen Kulturen verlegten wir Menschen des Patriarchats uns im Gegensatz zu den uns vermeintlich unterlegenen Kulturen auf Oberflächlichkeit, Status und Außenwirkung. Wir erschufen uns eine Welt, in der nur mehr das Wissen, nicht aber das Gewissen zählt, und in der fühlen schon sensationell sein muss, weil der Zugang zu tiefem Gefühl verstellt ist. Bar der Fühlung in solche Tiefen, die einstmals bis zu dem uns alle zusammennehmenden Ur-Grund hinabreichte, verhalten wir uns wie verlorene Seelen, wie spirituell Heimatlose, die sich verzweifelt mal an diese und mal an jene Lehre hängen und leicht zu vielerlei sowohl politischem als auch religiösem Unsinn zu verführen sind.

“And ain´t nobody fighting, cause nobody knows what to save”

Gil Scott-Heron

 

Wie kann Visionssuche hier helfen?

Visionssuche ist ein probates Mittel, die sog. zivilisatorische Schicht, die uns von dem Erleben der All- und Interverbundenheit mit allem Leben trennt, auf eine Weise zu durchdringen, die uns aufgrund einer mehr als 10 000´jährigen soziokulturellen Geschichte mit Übergangsritualen, kollektiv unbewusst bekannt ist. Jene zivilisatorische Schicht besteht letztlich aus nichts anderem als den Verhaltensmustern, die mit dem Verinnerlichen der patriarchalen Gesellschaftsordnung einhergehen.

Angesichts einer immer lauter werdenden und hoch getakteten Werkwelt sowie der täglichen Informationsflut, sehen viele von uns sich gezwungen, Instrumente feinster Wahrnehmung stumpf zu schalten, um nicht verrückt zu werden. In der Stille und Gehaltenheit einer Solo-Zeit und mithilfe der selbstordnenden Kraft der Natur, erlauben viele Teilnehmer einer Visionssuche sich, diese wieder auf Empfang zu stellen. Vieles von dem, was Teilnehmende an einer Visionssuche später als Wunder, Magie oder unglaubliche Zusammenhänge beschreiben, die sie erfahren haben, ist im Grunde nichts Anderes als eben jene all- und interverbundene Wirklichkeit des Lebens, die immer so ist, nur dass wir sie im Alltag nicht mehr wahrnehmen können.

Unter solchen Bedingungen fällt es vielen leicht sich wieder mit der Erde und der Natur als einem lebendigen Wesen verbunden zu fühlen und darüber auch wieder mit sich selbst, dem eigenen Körper und seinen Bedürfnissen. Wenn wir uns wieder spüren können, erwacht auch die Fühlung und das Mitgefühl nicht nur mit sich selbst, sondern mit allem Leben. In dieser Erfahrung davon, sich wieder verbunden und teilhaftig zu fühlen, können wir uns erst erinnern, wer wir wirklich und eigentlich sind. Solche Selbstfindung ist die Voraussetzung, um die perfiden und in Fleisch und Blut übergegangenen Verhaltensmuster des Patriarchats überhaupt erst in Frage stellen zu können. So gesehen sind Visionssuchen sogar hoch politisch und subversiv, denn nicht wenige können einer einmal aufgedeckten Lebenslüge nach einer Visionssuche nicht mehr länger dienen.

Wenn wir uns wieder mit uns und allem Leben verbunden fühlen und sei es auch nur für einen kurzen Augenblick des Glücks, dann wissen wir wieder wer wir sind, bunte Mosaiksteine, die zusammengelegt das Antlitz Gottes ergeben, eine eigentlich zarte und feinfühlige Gattung und jeder einzelne von uns, ein einzigartiger Ausdruck des einen Ozeans. Wenn wir all dies wieder fühlen, wissen wir dass wir, anders wie im Patriarchat vermittelt, dem Leben bedingungslos zugehören und dafür noch nie etwas hätten leisten, erst noch erreichen, abschneiden oder uns erst noch verdienen müssen. Die Visionssuche ist ein Mittel die Wirkmechanismen des Patriarchats lange genug zu unterbrechen, um aus ihnen zu erwachen.

 

(Stark verkürzter Auszug aus dem Buch „ZEIT NACHHAUSE ZU KOMMEN“ von Holger Heiten, ISBN 978-3-75-782830-1 oder hier bei uns bestellen)

Essay: Die mystische Mitte
Älteste, Jugendliche und Visionssuche