Lasst uns die nächsten 50 Jahre zu den besten und schönsten der Menschheitsgeschichte machen!

Kürzlich hörte ich einen Menschen im Radio sagen, dass wir momentan die Voraussetzungen und das Potential dazu hätten, um aus den nächsten 50 Jahren, die besten, schönsten, buntesten und kreativsten der Menschheitsgeschichte zu machen. Ich wusste sofort, dass er recht hatte und dass der Anfang einer „New Story“ genau so lauten muss, da wir Co-Kreatoren unserer Wirklichkeit sind.

Man kann es nicht oft genug herunterbeten: Die Geschichten über uns selbst, die wir wählen zu glauben, bestimmen darüber, welche Wirklichkeit unseres Lebens sich uns zeigt. Wir „bewirken“ (wirken = weben) unsere Wirklichkeit. Wenn wir z.B. glauben nicht zu genügen, werden wir immer Beweise dafür finden, nicht gut genug zu sein. Je mehr Beweise wir für unsere gewählten Geschichten finden, desto mehr glauben wir an sie und verhalten uns entsprechend.

Eine Binsenweisheit, ja, und leicht einzusehen, solange es um unsere persönliche Wirklichkeitsbildung geht. Auf kollektiver Ebene wirken Geschichten jedoch genauso. Wir leben in einer „Konsens-Realität“, die auf einen kollektiven Mythos unserer Kultur zurückzuführen ist. Wir leben in einer Wirklichkeitstrance, die uns immer nur die Anteile der sich tatsächlich ereignenden Wirklichkeit erkennen lässt, die diesen Mythos bestätigen.

Wir filtern beim Wahrnehmen also unheimlich viel potentielle Wirklichkeit aus und diese bleibt dann für uns tatsächlich unsichtbar. Mich faszinierte kürzlich die Geschichte einer Teilnehmerin, die ein Schneckenhäuschen gefunden hatte, sich dann still hinsetzte und „plötzlich“ um sich herum hunderte Schneckenhäuser sehen konnte. Die waren vorher natürlich auch schon da, jedoch für sie unsichtbar. Erst als der Fokus auf diese Symbolik eingestellt war, konnte sie sie sehen. Genauso, würde es mit Möglichkeiten, Potentialen und Gelegenheiten sein, gemeinsam die nächsten 50 Jahre zu den besten und schönsten zu machen.

Deshalb ist es so wichtig, welche Geschichte einer möglichen Zukunft wir wählen zu glauben. Rate mal für welche Wirklichkeit Du Beweise finden würdest, wenn Du glaubtest das hilflose Opfer einer ominösen Weltverschwörung gegen Deine Freiheitsrechte zu sein? Wenn Du glaubtest nichts und niemandem mehr vertrauen zu können und immer auf der Hut sein zu müssen, da namenlose Widersacher nur auf einen Moment Deiner Schwäche lauern, um dann über Dich herzufallen? Welcher Wirklichkeit öffnen wir Tür und Tor, wenn wir uns eine post-apokalyptische Zukunft ausmalen, in der wir in einer zerstörten Umwelt in primitiven Horden ein kärgliches Dasein führen? Selbst denen, die dies für unabwendbar halten, kann es nicht schaden, sich einer attraktiveren „Story“ zuzuwenden, denn was haben sie schon zu verlieren?

Es liegt ein gewisser Zauber darin, sich nicht immer diese alten Geschichten zu glauben, sondern sich öfters mal dem „Nichtwissen“ auszusetzen. Indem es einst mal gemachte Erfahrungen in die Zukunft projiziert, versucht unser Unterbewusstsein uns stets vor möglichen Gefahren zu schützen. Dadurch re-inszenieren wir die Vergangenheit jedoch immer nur neu. Nur im Zustand des „Nichtwissens“ sind wir wirklich offen für Neues und Inspirierendes.

Wer hatte sich schon vorstellen können, dass unsere Jugend z.B. in Form der Fridays for Future Bewegung, oder von Extinction Rebellion auf die Straße gehen würde. Nie hätten wir geglaubt, dass ein winziger Virus die ganze Welt zum Stillstand und möglicherweise zur Besinnung bringen würde. Und doch passieren diese unvorhersehbaren Dinge, denn letztlich ist nichts unmöglich.

Warum also nicht für möglich halten, dass die nächsten 50 Jahre die besten aller Zeiten werden, dass die Menschheit die momentane Krise, wie eine Art Pubertäts-Krise hinter sich lässt und erwachsen wird? Dass der von Joanna Macy beschworene „Große Wandel“ sich gerade ereignet und wir nicht länger wie Babys an den Brüsten von „Mother Earth“ saugen, sondern uns zu einem verantwortlichen Liebespartner von „Lover Earth“ entwickeln? In diesem Wortspiel von Charles Eisenstein würden wir zu Partnern auf Augenhöhe, denen Geben und Nehmen gleichermaßen wichtig ist. Was hindert uns daran die integrale Perspektive eines Ken Wilber zu übernehmen, nach der wir gerade lediglich erst die Halbzeit der Evolution erleben und erst auf halber Strecke auf dem Weg von den Tieren zu den Göttern sind?
Menschsein beinhaltet so viel mehr, als nur ein nerviger Parasit auf dem Körper der Erde zu sein. Wir sind zu einem königlichen und würdevollen Leben zum Wohle aller fähig. Wir leben in einer Zeit, in der wir uns zu einem solchen, oder einem unwürdigen Leben in Angst und Elend entscheiden können.

Angesichts der Alternative dürfte die Entscheidung doch eigentlich nicht sehr schwer fallen oder? Also gib Dir ´nen Schubs und sehe die Welt wieder mit neuen Augen, mit Kinder-Augen. Lass Dir keine Angst machen! Gestehe Dir immer wieder ein, dass Du gar nicht wissen kannst, wie es gleich sein wird und lass Dich überraschen. Erlaube Dir manchmal einfach für eine Stunde vor Dich hin zu blicken, ohne etwas erkennen zu wollen. Atme immer mal wieder bewusst ein und aus und verbinde Dich mit dem Wunderwerk Deines Körpers – er ist immer gegenwärtig und wenn Du Dich mit ihm verbindest, bist Du es auch. Nehme Eingebungen ernst, handle einfach mal so nach ihnen als wären sie absolut wahr und schau dann mal ob Du ihnen vertrauen kannst. Beginne mit dem Ernst einer guten Mutter oder eines guten Vaters, Dich selber so anzunehmen und lieb zu haben, wie Du es Dir so oft von anderen wünscht.

Sage den Menschen die Du liebst, dass Du sie liebst und entwickle ein unbedingtes Interesse an deren Wachstum. Teile Dich mit, Deine Stimme ist einzigartig und würde immer fehlen, wenn Du sie nicht erhebst. Nehme Dir vor, wieder das Gute, Göttliche und Schöne in Deinem Gegenüber zu sehen und weigere Dich schlicht etwas Anderes dort zu erblicken. Lass Dich überraschen, welche Schönheit und Lebendigkeit dann vor Deinen Augen erblüht. Vergegenwärtige Dir so oft es geht, dass alles sowie jeder und jede lediglich eine Ausdrucksform des uns alle zusammennehmenden All-Einen sind, eine Welle auf dem Ozean desselben Wassers.

Auch Politiker, Vorstandsvorsitzende von Energie-Konzernen, Lobbyisten der Autoindustrie und die Wähler der Trumps und Bolsonaros dieser Welt sind solche Wellen. Warum möchtest Du glauben, dass Du etwas Besseres bist? Feiere immer wieder Momente wahrer Kommunion, weil Du in allen und jedem dem Wesen begegnest, nach dem sich das liebende Herz im Grunde immer sehnt. Es ist diese Liebe die immer schon über die Liebe zu jemanden hinaus zu etwas hin sehnte, das alles Getrennt-sein aufheben will. Liebe will im Grunde alles Getrennt-sein aufheben…….

Klingt gut? Und Du glaubst da musst Du alleine hinkommen? Dann lass Dir gleich sagen: „Vergiss es!“ Wir brauchen einander. Der Alltag und unsere alten Geschichten sind mächtig und wir brauchen einander, um uns immer wieder gegenseitig an all das zu erinnern, was wir immer schon über ein würdevolles Leben zum Wohle aller wussten.

Dankbarkeit ist ein zuverlässiger Weg nicht aus den Augen zu verlieren, wie wenig wir alleine schaffen könnten. Zudem ist Dankbarkeit, so Joanna Macy, der Konsum-Maschinerie gegenüber subversiv, da wir ein größeres Bewusstsein darüber entwickeln, was wir bereits alles haben.
Mitten in seiner 40´tägigen Fastenzeit in der Wüste sagte Jesus, dass der Mensch nicht nur vom Brot allein lebe, sondern von all dem was sich in jeglichem Augenblick ereignet. Denn wenn wir genau hinschauen, werden wir immer wieder entdecken, dass alles was wir brauchen bereits da ist, bzw. dass das, was sich augenblicklich ereignet genau das Richtige ist.
Ist es naiv darauf zu vertrauen? Ja, wahrscheinlich.
Ist es Wahnsinn immer etwas anderes zu wollen, als das was sich gerade ereignet? Ja, ganz bestimmt.

Du merkst schon, da könnt ich jetzt immer weiter schreiben und Punkt für Punkt die Dinge durchgehen, die Du selber auch schon lange weißt… Dies soll nur eine dieser Erinnerungen sein, die wir immer wieder brauchen werden, um die nächsten 50 Jahre wirklich zu den besten aller Zeiten zu machen.
Vielleicht ist Dir gerade ein weiterer Punkt eingefallen, etwas, das Du jetzt sofort tun oder lassen könntest…. Na dann los!

Herzlichst

Holger Heiten

Gehorchen und Gehören
Niemand ist so klug wie wir alle zusammen – Die Erfahrung des Kreises. von Holger Heiten, erschienen in der OYA 22/2013